Jedes Jahr veranstaltet die Deutsche Friedensgesellschaft Bayern (DFG) Anfang August, um die Zeit der Atomangriffe auf Horshima und Nagasaki eine Friedensfahrradtour. 2019 führt sie von Ulm nach Weiden entlang verschiedener Standorte der Rüstungsindustrie und der Bundeswehr und durchquerte so auch den Landkreis Kelheim. Mit der Evangelischen Kirche Kelheim und der SPD Bad Abbach fand die DFG Partner, die mit dem Thema „Krieg und Flucht“ einen Schwerpunkt setzen wollten.
Ihren ersten Stopp legte die DFG bei der evangelischen Gemeinde Kelheims ein. Die rund vierzig Radfahrer, um ihren Sprecher Willi Rester wurden vom örtlichen Pfarrer Julian Scheuerer begrüßt. Die evangelische Kirche hatte schon mehrmals Flüchtlingen Kirchenasyl gewährt und die für die Kirchgemeinde Beauftragte für Flüchtlingsarbeit Michaela Linde referierte über die Schwierigkeiten und die alltäglichen Problemen während eines Kirchenasyls. Bis zu sechs Monaten mussten Flüchtlinge bis vor Kurzem in den Mauern der Kirche ausharren, bis sich Deutschland bereit erklärte, das Asylverfahren zu übernehmen. Mittlerweile hat sich diese Wartezeit auf bis zu 18 Monate verlängert. Gerade die Einsamkeit der Flüchtlinge während des Asyls ist immer eine harte Probe. Dazu kommt, dass die Kirche neben der Unterkunft auch für die medizinische Versorgung und Ernährung aufkommen muss.
Auch der jüngst Betroffene aus Syrien war beim Vortrag mit dabei. Er wäre wiederholt ohne seine Familie nach Italien abgeschoben worden, wenn ihn die Kirche nicht aufgenommen hätte. Nun hat er letzte Woche seine dreijährige Anerkennung durch das Bundesamt erhalten. Sichtlich glücklich strahlte der Syrer, da er nun in Kelheim bleiben dürfe und dankte der Kirchengemeinde.
Tief beeindruckt ging die Fahrt von Kelheim für die Radler weiter zum Etappenziel Bad Abbach. Dort erwartete die DFG der zweite Teil des Themas. Der Ortsvorsitzende der Bad Abbacher SPD Stefan Killian, der gleichzeitig auch Flüchtlingsberater im Landkreis ist, erklärte den Anwesenden die besondere Rolle des Landkreises. Aufgrund staatlicher Verteilungsmechanismen sind gerade hierher besonders viele Kriegsflüchtlinge aus Syrien, Irak, Somalia und Afghanistan verteilt worden. Noch heute leben unter anderen an die tausend syrische Anerkannte im Landkreis.
Killian ging auch auf die dramatischen psychischen und physischen Folgen für Flüchtlinge ein, die aus einem Kriegsgebiet fliehen mussten. Hauptproblem ist, dass es generell zu wenig Psychiater und Ärzte gibt und darüber hinaus die wenigen kaum Erfahrungen mit Traumatisierten aus Kriegsregionen mitbringen. Dazu kommt noch die sprachliche und kulturelle Barriere, die eine zielführende Hilfe für die leidenden Menschen erschwert.
Im Anschluss erzählte ein anerkannter Flüchtling aus Homs in Syrien sehr eindringlich über seine Erlebnisse im Bürgerkrieg in Syrien und seiner Flucht nach Deutschland. Das Erschütternde für ihn war das langsame Gewöhnen an den Krieg. Zuerst hatten er und seine Familie Angst vor Bombenexplosionen und dem lauten Hallen der Gewehrsalven - gingen in Deckung oder versteckten sich. Doch von Woche zu Woche wurde dies alles zu einer banalen Normalität – bei Explosionen blieben sie gelassen und gingen ihren gewohnten Tätigkeiten weiter nach. Er blieb dort bis 2016 – bis sein Militärdienst näher rückte - mittlerweile ist Homs bis zu über 60 Prozent dem Erdboden gleich gemacht. Schätzungsweise ist die Hälfte der kompletten syrischen Bevölkerung vertrieben und auf der Flucht.